(kunid) 25 % aller Todesopfer (294.000) und 41 % aller Verletzten (22 Mio.) des weltweiten Straßenverkehrs verunglücken laut WHO und „Global Burden of Disease Project“ mit einem Fahrrad, Moped, Motorrad oder ähnlichen Fahrzeugen. Auch EU-weit ist laut Europäischer Kommission jedes vierte Verkehrsopfer ein Zweiradnutzer.
Die Unfallrisiken auf zwei Rädern sind in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen: In Österreich starben im vergangenen Jahr 138 Menschen im Zweiradverkehr – das sind nahezu 40 % aller Verkehrsopfer.
Auch die Zahl der Schwerverletzten zeigt steigende Tendenz. „Diese Entwicklung dürfen wir nicht einfach hinnehmen“, betont Christoph Marek, Vorstand Versicherungstechnik der Allianz Österreich, im Zuge der Präsentation der aktuellen Verkehrssicherheitsstudie des Allianz Zentrums für Technik (AZT).
Laut Marek müsse eine Erweiterung der Helmpflicht dringend diskutiert werden. Auch seien die Möglichkeiten, mit Fahrerassistenzsystemen bei PKWs die Sicherheit im Zweiradverkehr zu erhöhen, bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.
Zweiradunfälle: abgelenkt und zu schnell
Besonderes Sorgenkind bleiben die Motorradfahrer, die in Österreich zuletzt 21 % aller Todesopfer im Straßenverkehr stellten.
Bezogen auf alle Unfälle mit einem Personenschaden tragen besonders viele Unfälle ohne Unfallgegner zur Opferbilanz, nämlich 42 % beim Motorrad, bei. Bei Fahrrad und E-Bike sind es 46 %.
Laut Studie nimmt auch im Fahrradverkehr das Fahren mit zu hoher Geschwindigkeit zu. Stark unterschätzt wird der Faktor Ablenkung, besonders bei jungen Menschen.
So fahren laut Allianz 71 % der 18- bis 24-Jährigen mit Ohrhörern bzw. Ear-Plugs Fahrrad. Besondere Leidtragende des Radverkehrs sind die älteren Menschen: 53 % der getöteten Fahrradfahrer auf Österreichs Straßen sind älter als 64 Jahre.
E-Bike und E-Scooter mit höherem Risiko
Der deutliche Anstieg bei Zweiradunfällen ist auch dem Trend zu Elektrozweirädern geschuldet. Im Jahr 2021 verloren auf Österreichs Straßen 22 Personen mit dem E-Bike und zwei Menschen mit E-Scootern ihr Leben.
Berechnungen des AZT zeigen, dass das Risiko für tödliche Verletzungen beim E-Fahrrad gegenüber dem herkömmlichen Rad rund drei Mal so hoch ist.
Ohne Fahrradhelm mehr Kopfverletzungen
Statistisch gesehen ist bei rund der Hälfte aller Radunfälle mit tödlichen Verletzungen der Kopf betroffen. Die Allianz-Schadendaten zeigen zudem, dass Radler ohne Helm 2,5-mal mehr Kopfverletzungen aufwiesen als mit Helm.
Wünschenswert aus Sicht der Unfallforschung, aber wohl erst in ferner Zukunft zu erreichen, wäre eine 100-%-Helmtragequote auf zwei Rädern.
Deshalb müsse zumindest über eine Helmpflicht für Elektrofahrräder nachgedacht werden. Dies hätte eine Signalwirkung für das Sicherheitsbewusstsein aller Zweiradfahrer, so die Allianz.
Sicherheitspotenziale von Assistenzsystemen ausschöpfen
„Wir begrüßen die EU-Verordnung zur Einführung neuer Fahrzeugsicherheitssysteme. Sie schreibt Notbremssysteme, die Fußgänger und Radfahrer erkennen und selbstständig bremsen, ab 2024 in neuen Fahrzeugtypen und ab 2026 bei Erstzulassungen vor“, erläutert Christoph Lauterwasser, Leiter des AZT.
Das würde helfen, in der Breite die Systeme auf die Straße zu bringen, die durch Aufprallvermeidung oder Verminderung der Aufprallgeschwindigkeit Leben retten können.
Doch Technik allein reicht nicht. „Gute Fahrzeuge, Verkehrstechnik und Infrastruktur sind essenziell, aber sie kompensieren nicht Unerfahrenheit, Unachtsamkeit oder Risikofreude bei allen Verkehrsteilnehmerinnen und Teilnehmern“, betont Jörg Kubitzki, Studienautor und Sicherheitsforscher im AZT.
Klar ist: Auf der Straße treffen nicht Fahrzeuge aufeinander, sondern Menschen – und ohne stärkeren Fokus auf Verhaltensrecht und Regelbefolgung wird das Unfall-Lagebild nur schwer zu korrigieren sein.