(kunid) Es sind vor allem Männer, die über Finanzwissen verfügen, mehr verdienen und an der Börse investieren. Andererseits sind aber Frauen diejenigen, für die Unabhängigkeit in Geld-Angelegenheiten wichtiger ist.
Die Fakten seien zuerst angeführt: Frauen gehen überdurchschnittlich oft Teilzeitarbeit nach, weil sie aufgrund der Familie beruflich zurückstecken, und sind daher gefährdet, später in die Altersarmut zu schlittern. Einer OECD-Studie zufolge ist in Österreich die Pension der über 65-jährigen Frauen im Schnitt um 39 % niedriger als bei Männern.
Durch den internationalen Frauentag am 8. März wird diese Problematik ins Bewusstsein gerufen. Sonja Ebhart-Pfeiffer und Eva-Maria Weidl, Vorstandsmitglieder des Österreichischen Verbandes Financial Planners, nehmen diese Gelegenheit zum Anlass, um an Frauen zu appellieren, sich gerade jetzt stärker mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen.
Die beiden Finanzexpertinnen geben dafür vier Tipps an die Hand.
Karten auf den Tisch
„Über Geld spricht man nicht“, lautet ein ungeschriebenes Gesetz in Österreich. Vor allem als Frau, heißt es in einem stummen Nebensatz.
Dazu Eva-Maria Weidl: „Wir sind häufig lieber bescheiden, schließlich wollen wir andere nicht neidisch machen oder unangenehm auffallen. Dabei sollten wir uns viel mehr austauschen. Nur, wenn wir dieses Tabu brechen, können wir unsere eigenen Finanzen reflektieren, vergleichen und dazulernen. Beispielsweise können wir unseren eigenen Wert besser einschätzen, wenn wir wissen, wie Vergleichsgehälter aussehen. Hier gibt es neben dem persönlichen Gespräch die Möglichkeit, sich anonym auf Online-Portalen oder Social-Media-Gruppen auszutauschen.“
Im familiären Umfeld sollte die Problematik „Teilzeitfalle“, in der sich Mütter häufig wiederfinden, proaktiv angesprochen werden. Die Höhe des Einkommens als Bemessungsgrundlage für die Pension wird nämlich über alle Berufsjahre hinweg gerechnet, nicht nur über die „Bestverdiener-Zeit“.
Gesunden Egoismus verinnerlichen: Im Job und darüber hinaus
Der Gender Pay Gap liegt aktuell in Österreich bei 14,3 %. D.h.: Frauen bekommen für die exakt gleiche Arbeit rund 14 % weniger bezahlt als Männer.
„Der Gender Pay Gap hat mehrere Ursachen aber eine davon ist sicherlich, dass Männer ihre Gehälter besser verhandeln. So setzen Frauen schon bei Vorstellungsgesprächen zu gering an oder verzichten auf Zusatzleistungen, wie ein Firmenauto. Und hat man sich einmal unter Wert verkauft, findet man sich damit irgendwann ab“, meint Ebhart-Pfeiffer.
„Wer darauf wartet, dass der Chef auf einen zukommt, seine tolle Leistung lobt und mit einer dicken Gehaltserhöhung belohnt, wird ewig warten. Anlässe wie größere Verantwortung oder gelungene Projekte sollten aktiv genutzt werden, um zu verhandeln. Männer agieren hier eher nach dem Motto ,Frechheit siegt‘ und pokern hoch“, ergänzt Weidl.
Weg mit der rosaroten Brille
2019 lag die Scheidungsrate in Österreich bei rund 40 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass man als Frau in eine solche Situation gerät, ist dementsprechend hoch. Dies kann schnell zu einer finanziellen Schieflage führen, wenn der Ex-Partner größtenteils für die Versorgung zuständig war.
Die beiden Finanzberaterinnen raten, ab dem Moment, in dem Frauen ihrem ersten Vollzeit-Job nachgehen, monatlich 10 bis 15 % des Nettoeinkommens langfristig für die Pension auf die Seite zu legen.
Vor allem das Kinderglück wird von Frauen teuer bezahlt. Denn oft werden auch bereits mit Eintritt in die Schwangerschaft alle laufenden Sparpläne in die Altersvorsorge gestoppt.
„Ein großer Fehler“, so Ebhart-Pfeiffer, die in diesem Zusammenhang auch mehr Solidarität von den Männern einfordert. „Hier müssen auch die Väter Verantwortung übernehmen. Sie sollten innerhalb der Familie einen Ausgleich schaffen und die Altersvorsorge-Sparpläne ihrer Frauen übernehmen“, sagt sie.
Weiters gibt es auch die Möglichkeit, in der gesetzlichen Pensionsvorsorge ein sogenanntes „Pensionssplitting“ zu beantragen. Wenn der Mann erwerbstätig ist und der Frau die Betreuung der gemeinsamen Kinder obliegt, kann ein freiwilliges Splitting für die ersten vier Lebensjahre des Kindes vereinbart werden. Die Frau erhält dann eine Gutschrift von ihrem Partner, die ihre eigene Pension erho?ht. Der Antrag muss bis zum vollendeten siebenten Lebensjahr des Kindes gestellt werden.
Wissen ist Macht: In Finanzbildung investieren
Finanzielle Selbstbestimmung bedeutet Freiheit – in diesem Sinne rät Ebhart-Pfeiffer, einen wirtschaftlichen Polster für finanzielle Engpässe aufzubauen. Als Notgroschen empfiehlt sie zwei bis drei Nettomonatsgehälter.
Diese Liquiditätsreserve kann gut auf einem Tagesgeldkonto hinterlegt werden. Damit das Hab und Gut auf dem klassischen Girokonto inflationsbedingt nicht weniger wird, führt kein Weg an höherwertiger Geldanlage, wie beispielsweise in Aktien(fonds), vorbei.