(kunid) Gerade bei einer längeren Anreise zur Erholungsdestination sollten Fahrer unbedingt auf regelmäßige Pausen und ausreichend Schlaf vor der Abfahrt achten. Schlechter oder kurzer Schlaf, aber auch Fahrten zu ungewohnten Uhrzeiten, verstärken die Erschöpfung und führen zu mehr Unachtsamkeiten beim Fahren – das kann ein enormes Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr darstellen.
Das Hauptproblem ist in erster Linie, dass viele Lenker ihr eigenes „Durchhaltevermögen“ hinter dem Steuer überschätzen und die Müdigkeitswarnsignale des Körpers verdrängen, weiß ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.
Dabei ist das Einschlafen am Steuer nur die Spitze des Eisbergs – müdigkeitsbedingte Leistungseinbußen während des Lenkens machen sich bereits lange vor dem tatsächlichen „Wegnicken“ bemerkbar.
Jahresspitze 2021: Im Juli gab es die meisten Übermüdungsunfälle
Unfälle, die durch Übermüdung bzw. Sekundenschlaf verursacht werden, enden zumeist sehr schwer. Ein besonderes Risiko stellen dabei die sogenannten „Abkommensunfälle“ dar, bei denen das Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkommt und oft ungebremst gegen ein Hindernis prallt oder einen Abhang hinabstürzt.
Auf Österreichs Straßen ereigneten sich im vergangenen Jahr zehn tödliche Unfälle, die auf Übermüdung zurückzuführen waren (Quelle: BMI).
Im Monatsvergleich manifestiert sich eine rapide Steigerung an Übermüdungsunfällen mit Personenschaden ab Mai 2021, ihren traurigen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung im Hochsommer: Knapp 14 % aller Unfälle durch Übermüdung oder Sekundenschlaf ereigneten sich im Vorjahr im Juli.
Müdigkeitswarnsignale des Körpers nicht missachten
Die ÖAMTC-Expertin rät Autofahrern, sich selbst genau zu beobachten, sensibel zu sein und beim Wahrnehmen von „Müdigkeitsvorboten“, diese keinesfalls zu missachten und auch nicht zu „Placebos“ zu greifen, sondern wirkungsvolle Maßnahmen zu setzen.
Wer die ersten Anzeichen von Müdigkeit ignoriert oder diese mit geöffnetem Fenster und lauter Musik zu vertreiben versucht, wird langfristig keine Verbesserung spüren. Auch Kaffee oder andere aufputschende Getränke nützen auf lange Sicht wenig, sie maskieren die tatsächlich vorhandene Müdigkeit und täuschen gute Leistungsfähigkeit vor.
Akute Warnzeichen sind häufiges Gähnen, plötzliches Frösteln, ein starkes Bewegungsbedürfnis, ein dauerndes Verändern der Sitzposition, Verspanntheit, besonders im Nacken- und Schulterbereich, die Entwicklung eines starren Blickverhaltens und häufiges Blinzeln. Auch ein Stimmungstief kann ein Warnsignal sein.
Power Naps einlegen
Wer Schwierigkeiten hat, die Spur zu halten, grundlos ruppige Fahrmanöver durchführt, mit den Gedanken oft „abdriftet“ oder das Gefühl hat, die Straße würde sich verengen, sollte unbedingt die nächste Ausfahrt ansteuern, um eine Pause einzulegen oder das Steuer an einen fitten Mitfahrer zu übergeben.
Bereits ein Power Nap von etwa 20 Minuten in Verbindung mit einem anschließenden Kaffee kann (zumindest kurzzeitig) helfen.
Der Energieschub wirkt sich positiv auf Leistung und Stimmung aus und verbessert die Reaktionszeit. Trotzdem stellt diese Methode keine Dauerlösung dar – der Kurzschlaf kann eine ordentliche Regeneration, die nur eine mehrstündige Schlafpause hervorbringt, nicht ersetzen
Tipps der ÖAMTC-Expertin für eine gute und sichere Fahrt in den Urlaub
Routenplanung – Etappen mit Pausen fix planen: Bei langen Fahrten die Zeit nicht zu knapp kalkulieren und von Haus aus ausreichend Pausen einplanen. Ist das Urlaubsziel weiter als etwa 800 km entfernt, optimalerweise einen Zwischenstopp mit Übernachtung einplanen.
Gut ausgeruht starten: Entschließt man sich zu einer für sich untypischen Fahrzeit, unbedingt die Nacht vorher für ausreichend Schlaf sorgen. Bei längeren Autofahrten mindestens alle zwei Stunden für 15 Minuten eine Pause einlegen und nicht mehr als acht Stunden pro Tag fahren. Wenn möglich, in regelmäßigen Abständen einen Fahrerwechsel durchführen.
Richtig Pause machen: Frische Luft und Bewegung während der Pausen beugt Müdigkeit vor und bringt den Kreislauf nach langem Sitzen im Auto wieder gut in Schwung.
Verantwortung von Mitfahrenden: Um sicher ans Ziel zu kommen, sind auch Beifahrer gefordert. Oft fällt ihnen früher auf, wenn Lenker von Müdigkeit geplagt werden. Diese Beobachtung unbedingt aussprechen, eine Pause einfordern.
Was es noch zu beachten gilt
Optimale Verpflegung: Genügend Wasser, Tee oder verdünnte Fruchtsäfte trinken, da Flüssigkeitsmangel die Konzentrationsfähigkeit massiv beeinträchtigt. Auf schwere (kalorienreiche) Mahlzeiten in Fahrpausen verzichten – nach dem Genuss von zu schweren, fettigen und üppigen Mahlzeiten tritt meist Schläfrigkeit ein. Stattdessen auf eine leichte, vitaminreiche Ernährung achten – denn auch Vitaminmangel führt zu Müdigkeit und Unkonzentriertheit.
Lange Urlaubsfahrten werden oft entgegen der inneren Uhr angetreten. Zwischen 2 und 5 Uhr morgens sowie am Nachmittag gegen 14 Uhr befindet sich der Mensch in einem biologischen Tief. Die Fahrt durch die Nacht oder in den frühen Morgenstunden, besonders auf monotonen Strecken, geht daher im Zweifelsfall auf Kosten der Sicherheit.