(kunid) Die von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) präsentierte sogenannte Zahlungsbilanz für das Jahr 2020 zeigt, wie die Covid-19-Pandemie Österreichs Güter- und Dienstleistungsverkehr mit dem Ausland in historischem Ausmaß einbrechen ließ, wobei die Leistungsbilanz dennoch erneut positiv bilanzierte.
Österreich ist keine „Insel der Seligen“, selbstverständlich sind wir vom Außenhandel abhängig; dieser nimmt großen Einfluss auf unseren Alltag. Daher ist es natürlich interessant, sich die diesbezüglichen aktuellen Erhebungen der Nationalbank anzusehen.
Die erste Erkenntnis: Das Wegbrechen internationaler Lieferketten sowie umfangreiche Reisebeschränkungen führten zu teilweise dramatischen Rückgängen der Exporterlöse, die nahezu alle Branchen betrafen.
Am stärksten litt der grenzüberschreitende Reiseverkehr unter den Folgen der Pandemie und kam im zweiten und vierten Quartal nahezu vollständig zum Erliegen. Auch im Kapitalverkehr mit dem Ausland hinterließ die Krise ihre Spuren. Die Refinanzierung staatlicher Hilfsmaßnahmen in Österreich erforderte eine deutliche Ausweitung der Wertpapieremissionen auf den internationalen Kapitalmärkten.
Internationale Lieferketten
„Globale Wirtschaftskrisen treffen kleine, hochvernetzte Volkswirtschaften wie Österreich, die von internationalen Lieferketten und überwiegend von ausländischen Absatzmärkten abhängig sind, besonders schmerzlich“, schickt Vize-Gouverneur Gottfried Haber voraus.
Österreichs gesamten Exporte brachen im Jahr 2020 infolge der Covid-19-Pandemie ebenso wie die Importe um jeweils 15 % ein.
Zum Güterverkehr
Im Güterverkehr verzeichneten die Exporterlöse im Jahr 2020 ein Minus von 7 % und beliefen sich auf 142 Mrd. Euro. Den stärksten Rückgang zeigten mit Maschinen und Fahrzeugen (-12 %) sowie bearbeiteten Waren (-10 %) jene Produktgruppen, die das größte Gewicht im österreichischen Güterexport haben.
Auch die Ausfuhr aller übrigen wesentlichen Exportgüter war 2020 rückläufig.
Zu den Dienstleistungen
Unternehmensbezogene Dienstleistungsexporte fielen im Jahr 2020 ebenfalls um 7 % geringer aus als im Vorjahr, wobei der Personentransport (-50 %) besonders schwer betroffen war.
Die Güterimporte sind insgesamt um 9 % auf 136 Mrd. Euro gesunken, wobei neben Maschinen und Fahrzeugen vor allem der Bereich Brennstoffe und Energie, der fast zur Gänze durch den rückläufigen Rohölpreis bestimmt wurde, betroffen war.
Wichtigster Handelspartner Österreichs blieb auch im Verlauf der Pandemie Deutschland. Importseitig gewannen China (+3 %) und die Schweiz (+8 %) weiter an Bedeutung.
Zum Tourismus
Der Reiseverkehrssaldo reagierte stark auf die pandemiebedingten Schließungen im zweiten und vierten Quartal. Während das erste Quartal von Einschränkungen noch weitgehend unberührt war und im dritten Quartal gelockerte Maßnahmen den Sommertourismus größtenteils zuließen, brachen die grenzüberschreitenden Reiseverkehrseinnahmen im zweiten und vierten Quartal um mehr als 80 % ein.
„Österreich zählt weltweit zu den attraktivsten internationalen Reisezielen und stützt seine außenwirtschaftlichen Erfolge zu einem guten Teil auf den Tourismus“, erklärte Johannes Turner, Direktor der OeNB-Hauptabteilung Statistik. Der im Jahr 2020 erlittene Einnahmenverlust von 40 % bedeutet daher eine Zäsur in der langen Erfolgsgeschichte des österreichischen Reiseverkehrs.
Zum Finanzsektor
Überschüsse erzielte Österreich vor allem aus grenzüberschreitenden Unternehmensbeteiligungen, die 2020 per Saldo +10,5 Mrd. Euro ergaben. Österreich setzt dabei nach wie vor einen deutlichen regionalen Schwerpunkt in Zentral- und Osteuropa. Im Jahr 2020 hatte Österreich sowohl aktiv- als auch passivseitig negative Flüsse zu verzeichnen, die von einzelnen großen Fällen dominiert wurden und nicht mit der Pandemie im Zusammenhang standen.
Der Forderungsaufbau aus Wertpapieren in Höhe von 18,3 Mrd. Euro (+10,2 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr) geht mit 11,1 Mrd. Euro auf österreichische Banken zurück, die nach einer längeren Abbauphase wieder vermehrt in Banktitel und Staatsanleihen investieren.
Darüber hinaus ist ein „Pandemieeffekt“ beim Anlageverhalten der privaten Haushalte zu beobachten. So flossen 1,7 Mrd. Euro in ausländische Aktien und weitere 1,8 Mrd. Euro in ausländische Investmentfonds.
Noch deutlicher stiegen die Wertpapierverpflichtungen an (+32,8 Mrd. Euro). Die Emissionstätigkeit des Staates zur Finanzierung von Hilfsmaßnahmen nahm 2020 deutlich zu, wobei Anleihen im Ausmaß von netto 12 Mrd. Euro von ausländischen Investoren gekauft wurden. Gleichzeitig refinanzierten sich Unternehmen im Ausland, um Liquidität für länger geplante Investitionen aufzubauen.