(kunid) Die Nachfrage nach Maßnahmen wie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung hat seit Ausbruch der Pandemie rasant zugenommen. Der Österreichische Verband Financial Planners erläutert vier wesentliche Schritte zur richtigen Vorkehrung und weist auf Stolpersteine hin, die Konsumenten oft übersehen.
Im letzten halben Jahr ist auch jüngeren Menschen vermehrt bewusst geworden, wie unerwartet und schnell das Leben zu Ende gehen kann.
Angstbesetzte Themen wie Krankheiten oder Unfälle werden häufig verdrängt und im Fall der Fälle gibt es meist keine entsprechenden Vorkehrungen. Das macht es einem selbst oder den Angehörigen umso schwerer: Besser ist es, sich frühzeitig mit möglichen Szenarien auseinanderzusetzen.
Einer neuen Studie der Österreichischen Notariatskammer zufolge widmen Österreicher dem Thema Vorsorge jedenfalls hohe Aufmerksamkeit und sind sensibler geworden. Ein Grund dafür ist die älter werdende Gesellschaft, für die eigene Selbstbestimmung hohe Priorität hat.
Der Verband Financial Planners hat einige Anregungen zusammengestellt.
Testament: Kreisende Geier ruhen nicht
Mit dem Ableben tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft: Durch das Erstellen eines klar formulierten Testaments kann der tatsächliche Wille des Verstorbenen durchgesetzt und Streitigkeiten zwischen den Erben vorgebeugt werden.
In vielen Fällen hat ein plötzliches Ableben existenzbedrohende Folgen für die Angehörigen. Aus einer aktuellen Studie der Notariatskammer zeigt sich: Je älter, desto eher gibt es ein Testament. Bei den 60- bis 69-jährigen Österreichern sind es fast 36 %, bei den 30- bis 39-jährigen 11 %.
Da sich Lebenssituationen ändern, ist es empfehlenswert, Testamente turnusmäßig auf die Richtigkeit der aktuellen Fallkonstellation zu prüfen. Als Turnus empfiehlt sich ein Zeitraum von fünf Jahren. Das Testament lässt sich jederzeit ändern, immer handschriftlich, mit Datum, Ort und Unterschrift.
Für die Gültigkeit ist keine notarielle Beglaubigung notwendig. Allerdings müssen gewisse Formvorschriften erfüllt werden, weshalb es empfehlenswert ist, sich entsprechend beraten und das Testament auch im Testamentsregister erfassen zu lassen.
Sicher mit einer Vorsorgevollmacht
Es muss nicht immer ein Ableben sein – auch eine unvorhergesehene Krankheit oder ein schwerer Unfall mit gravierenden gesundheitlichen Konsequenzen kann Menschen ihrer Handlungsfähigkeit berauben.
Lediglich 4 % der Österreicher sind sich dessen bewusst und haben eine Vorsorgevollmacht verfasst. Die meisten Vorsorgevollmachten gibt es übrigens in Tirol (7 %), die wenigsten in Salzburg (1 %).
Viele denken, dass ein erwachsenes Kind oder der Lebenspartner automatisch entscheiden darf, wenn Eltern oder Partner dazu nicht mehr in der Lage sind: Das ist falsch, es wird immer eine entsprechende Vollmacht benötigt.
Sollte also keine Vorsorgevollmacht vorhanden sein, wird vom Gericht ein Sachwalter bestimmt. Vielen Menschen ist jedoch nicht bewusst, dass in einem solchen Fall ein Dritter über die Geschicke der Angehörigen bestimmt. Bei Bedarf können unterschiedliche Personen für die diversen Bereiche – etwa für Medizinisches, Immobilien, Wertpapiere – bevollmächtigt werden.
Sein Hab und Gut zusammenhalten
Daher sollte man sich ab der Volljährigkeit mit dem Thema Vorsorgevollmacht auseinanderzusetzen.
Tipp: Das Bundesministerium für Justiz stellt ein Musterformular über 10 Seiten zur Verfügung, das in weniger als einer Stunde ausgefüllt werden kann.
Dies empfiehlt sich als Vorbereitung für notwendige Termine mit dem Rechtsanwalt, Notar oder Finanzplaner.
Patientenverfügung: Selbstbestimmung auch in schweren Zeiten
8 % der Österreicher haben eine Patientenverfügung festgelegt. Damit schützen sie sich davor, dass Ärzte sie gegen ihren Willen bis zur letzten Stunde hin mit allen Möglichkeiten der modernen Medizin behandeln, falls sie ihren Willen selbst nicht mehr kundtun können.
Merke: Es ist sinnvoll, das Dokument auch im Patientenverfügungsregister des österreichischen Notariats und im Patientenverfügungsregister der österreichischen Rechtsanwälte zu registrieren.
Digitaler Nachlass: Postmortaler Datenschutz
Immer mehr ein Thema wird der sogenannte „Digitale Nachlass“. Denn wir alle hinterlassen tiefe Spuren in der digitalen Welt. Man denke hier beispielsweise nur an Facebook.
Klar ist: Der digitale Nachlass geht in die Gesamtrechtsnachfolge über. Das heißt, die Erben entscheiden, was mit den Accounts geschieht.
Es ist daher umso wichtiger, zu regeln, wie mit den Daten umgegangen werden soll bzw. welcher Erbe auf welche Daten Zugriff haben soll oder nicht.
Insgesamt gilt somit: Regelt man den (digitalen) Nachlass nicht, kann es zu einer Reihe von Problemen kommen. Es bleiben beispielsweise Vermögenswerte unerkannt oder unnötige Kosten fallen an. Fragen Sie daher Ihren Berater! Für diese Art der Vorsorge kann es nämlich nie zu früh sein!